CDs
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NEUES
AUS
DER
M U S I K W E L T
JAZZ
Dayna Stephens
PEACE
Sunnyside/HM
CD
(57’)
Von Berkley nach Berklee. Der Saxo-
phonist Dayna Stephens stammt
aus der Bay Area von San Francisco
und gehört heute der jungen Szene
um Gretchen Parlato, Gerald Clay-
ton und Ambrose Akinmusire an.
Auf „Peace“, seinem fünften Album
- benannt nach dem Klassiker von
Horace Silver -, präsentiert er sich
als grandioser Balladenstilist, der
an Tenor, Bariton und Sopran über
einen beseelten Ton verfügt und mit
großer Hingabe lauter Standards
und Filmmelodien (Morricone, Man-
cini) Revue passieren lässt. Seine
Akzeptanz in der Szene verdeutlicht
schon die Liste der Mitwirkenden,
von Julian Lage (Gitarre) bis Brad
Mehldau (Piano).
klm
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Chris Potter Underground
Orchestra
IMAGINARY CITIES
ECM
/Universal CD
(V.Ö
.: 16.1.)_________ (711
Sanfte Streicherparts, in denen
sich Spuren europäischer wie
auch anderer musikalischer Kul-
turen einfinden, bilden das Gefü-
ge, mit dem Chris Potter sein ex-
quisites Werk umhüllt. „Imaginary
Cities“ ist eine aus vier Parts be-
stehende Suite, in der der Saxo-
phonist mit seinem Underground
Orchestra wie ein Soundastronaut
über die Städte seiner Imagination
gleitet. Die damit verbundenen Im-
provisationen sind reich an melo-
dischen Schwerpunkten. Auch in
den vier weiteren Titeln der Ein-
spielung steht Potters universel-
le Musikauffassung im Fokus des
Geschehens.
G.F.
MUSIK ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Ben Sidran
BLUE CAMUS
Bonsaï/HM CD
(45
')
Der Musiker, Autor und Spo-
ken-Word-Poet, den die britische
„Times“ den „ersten existenzialis-
tischen Jazz-Rapper“ nannte, ist ein
Mann der Literatur. Ganz wie die
Hipster der Bebop-Ära, sagt er. Wie
der Existenzialismus eröffne auch
der Jazz eine Welt der Möglichkei-
ten; was hier das Handeln, sei dort
die Improvisation. Jetzt ließ Ben Sid-
ran sich von Literaten wie Camus,
Orwell, Garcia Lorca zu Lyrics anre-
gen, die er über groovigem Souljazz
alter Schule in gewohnt cooler Ma-
nier sprechsingt. Dazwischen stilge-
rechte Instrumental-Jams im trau-
ten Kreise: mit Sohn Leo, den Pe-
terson-Brüdern und dem Tenoris-
ten Bob Rockwell.
klm
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Billie Holiday/
Buddy DeFranco Quartet
LIVE IN COLOGNE 1954
Jazzline/Delta CD
(auch als LP
erhältlich)
(57’)
Stan Getz Quartet
LIVE IN DÜSSELDORF 1960
Jazzline/Delta CD
(auch als LP
erhältlich)
(42’)
Historische
Konzertmitschnitte
aus dem WDR-Archiv. Aber waren
die Billie-Holiday-Aufnahmen von
19 5 4
aus der Kölner Messehalle
nicht längst erhältlich, etwa auf
der Blue Note-Compilation „Billie’s
Blues“? Nein, jene wurden wohl
fälschlich Köln zugeschrieben. Hier
also „the real thing“! Aber dauerte
Lady Day’s Auftritt wirklich nur
16
Minuten, oder fiel für den WDR so
wenig brauchbares Material dabei
ab? Warum wird der Opener („Bil-
lie’s Blues“) viel zu spät eingeblen-
det? Wo bleibt die Session mit an-
deren Musikern der Tour, die ei-
gentlich Teil des Programms war?
Larry Coryell & Eleventh House
JANUARY 1975-
_____
THE LIVELOVE SERIES VOL. 1
[jJJJfli
Prom
ising Music/FMS CD
(67’)
Horace Silver
JUNE 1977 -
THE LIVELOVE SERIES VOL. 2
Prom
ising Music/FMS CD
(69
')
Mit seiner neuen als „The Livelove
Series“ bezeichneten Edition ge-
lingt dem Produzenten Bodo Jaco-
bi ein Coup. Bereits die ersten bei-
den CDs mit bislang unveröffentlich-
ten Sessions des Gitarristen Larry
Coryell und des Pianisten Horace
Silver lassen ahnen, welche Schät-
ze bislang im Archiv von Radio Bre-
men schlummerten.
Gegen Ende der
6
oer-Jahre über-
wand ein junger Mann aus Texas
mit aufregender Gitarren-Spielwei-
se stilistische Barrieren zwischen
Jazz und Rock. In der Folgezeit ist
dem Gitarristen, der zu den Jazz-
rock- und Fusion-Pionieren zählt,
die Lust am kreativen Ausprobie-
ren nicht verloren gegangen. Eine
seiner spannendsten Bands nann-
te Coryell The Eleven House, die
seinen Ruf „Live“ in Bremen bestä-
tigte. In Themen wie „Funky Waltz“
und „Adam Smasher“ forcieren Co-
ryells unkonventionelle Einsätze
ebenso intensiv den kreativen Pro-
zess wie die dynamischen Einsätze
des Trompeters, die vom Funk ge-
sättigten Beiträge des Keyboarders
und die pausenlosen Energieschübe
des Drummers Alphonse Mouzon.
Schon zu Lebzeiten war Hora-
ce Silver eine Legende. Der Pia-
nist komponierte zahlreiche Soul
Jazz-Klassiker, und in seinen mit
einfallsreichen Motivketten angerei-
cherten Improvisationen schimmer-
ten immer die vielfältigen Spekt-
ren des Blues. Ein Höhepunkt des
Auftritts in Bremen war Silvers be-
kanntestes Thema „Song For My
Father“, in welchem er folkloristi-
sche Einflüsse der Musik der Kap-
verdischen Inseln mit der energi-
schen Botschaft des Hardbop ver-
knüpft.
Gerd Filtgen
MUSIK (BEIDE) ★ ★ ★ ★ ★ ^ ^ H
KLANG (BEIDE) ★ ★ ★ ★ ★ "
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Die Sängerin be-
suchte
Europa
als Top-Act eines
Tour-Pakets,
dem
unter anderen auch
das Buddy DeFran-
co Quartet angehör-
te. Der Abend in Köln
war nicht gerade ih-
re Sternstunde; die
Liner-Notes
schil-
dern die Begleitum-
stände, unter denen
er stattfand. Doch
mit ihrem Pianisten
Carl Drinkard sowie
einer ad hoc und oh-
ne Probe formier-
ten Rhythm-Section - keiner woll-
te mit ihr spielen - kann sie alle-
mal berühren, während der virtuo-
se Klarinettist DeFranco mit Band
ein mitreißendes, swingendes Set
abliefert. Im Grunde ist dies „sei-
ne“ Platte.
Im benachbarten Düsseldorf
machte i
960
eine „Jazz At The Phil-
harmonic“-Tour halt, bei welcher
der seinerzeit in Kopenhagen le-
bende Stan Getz mit dem schwe-
dischen Pianisten Jan Johansson,
damals sein fester Begleiter, so-
wie der Rhythmusgruppe Oscar
Petersons (Ray Brown, Bass; Ed
Thigpen, drums) ein entspanntes,
„cooles“ Set hinlegte. Ob er „Out
Of Nowhere“ tatsächlich zweimal
spielte oder woher die zweite Ver-
sion stammt, kann der WDR nicht
klären.
Berthold Klostermann
LIVE IN COLOGNE
MUSIK
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klang'
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LIVE IN DÜSSELDORF
MUSIK
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Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
STEREO 2/2015 131